17 pegasus trägt Wolle Schafzucht lohnt: das landgut untere mühle besteht aus landgasthof, landhotel und einer Wollmanufaktur – allen gemeinsam: eine nachhaltige Bewirtschaftung magazin: Die untere Mühle in strassberg, eine alte hofstelle aus dem 14. Jahrhundert, ist seit 1840 im familienbesitz. frau Dr. Metzger, wie erinnern sie sich an ihre kindheit? dr. andrea metzger (am): Ich habe eine außergewöhn- liche Kindheit genossen. Ich war sehr oft bei Schäfer und Schafen, manchmal habe ich als Kind die Lämmer auf der Winterreise hinterher getrieben. Ich genoss eine Kindheit und Jugendzeit ohne gewissermaßen „erzogen“ zu werden. Ich war als Kind frei, hatte nicht viele Zwänge, wurde wenig beachtet und konnte im- mer mit Tieren zusammen sein, von denen ich mich so viel besser verstanden fühlte als von Menschen. Diese Erinnerungen sind für mich sehr wertvoll. Ich musste bereits unter meinem Vater in unserer Wanderschäferei viel Verantwortung übernehmen. Ich habe vor meinem Studium und auch außer meinem Studium harte Arbeit verrichtet, wenn andere frei hatten. Wann wurde ihnen bewusst, dass die traditionelle Wanderschäferei keine zukunft mehr hat? am: Dieses Gefühl entstand in mir bereits 1996, als ich die alleinige Verantwortung für den Betrieb übernahm. Die Reise mit den Schafen wurde immer schwieriger, da die Politik die Triebwege der Schafe vernachlässigte, die alten Weiderechte nicht schützte, so dass es immer häufiger zu Anzeigen von Bürgermeistern und Land- wirten kam. Früher war der Schäfer ein willkommener Gast und wurde auch beherbergt, da die Schafe Flächen düngten, Samen verbreiteten und somit die Artenviel- SamariterS tif tung maga zin · 18/2020 falt begünstigten. Er wurde jedoch zunehmend mehr als Schmarotzer und Dieb betrachtet. Wenn Menschen den Wert von Wanderschäfereien nicht mehr verste- hen, Verbände diese einzigartige naturnahe Form der Tierhaltung nicht protegieren, wenn Hochschulen den ökologischen Wert ignorieren und rein nach wachs- tumsorientierten Kriterien unterrichten, dann ist das für mich der Untergang der Wanderschäferei. sie haben sich dem gestellt und leben ein leben mit ihren Wurzeln. fühlen sie sich sicher? am: Die väterliche Hofstelle ist bis heute meine geliebte Heimat. Hier fühle ich mich wohl. Es war eine finanziell arme Kindheit, jedoch hatten wir Obst und Gemüse. Es ist für mich wichtig, nicht in finanzieller Not zu sein, ich weiß, wie sich das anfühlt. Es ist für mich jedoch nicht wichtig, reich zu sein, denn ein zufriedenes gesundes Leben zu führen, hat nichts mit Reichtum zu tun. Im Jahre 1991, ich war gerade 29 Jahre alt, habe ich hier meine eigene Tierarztpraxis gegründet, mein selbst- ständiges Standbein bis heute. Das geschah gegen den Willen meines Vaters. Er konnte sich nicht vorstellen, dass man Katzen und Hunde behandeln lässt, von Haus- tieren ganz zu schweigen. Er war auch nicht bekannt dafür, dass er bei Schafen einen Tierarzt holte, aber die- ses Verhalten prägt ja bis heute die Nutztierpraxis. Die Lehren der Ökonomie, die rein das Wachstum predigen, sind nicht zeitgemäß und die Lehrenden sollten eine Volkswirtschaftslehre berücksichtigen, die sich auf ihre philosophischen Wurzeln besinnt. Für die menschliche Zufriedenheit spielen in ersten Linie Sozialkontakte und Entfaltungsmöglichkeiten eine Rolle. Das firmen-logo des landgutes untere Mühle ist das schaf mit den flügeln – der wollene pegasus ge- wissermaßen … pegasus ein hoffnungsbringer und lichtgestalt – auch der wollene? am: Ich wollte neue Wege in der Landwirtschaft gehen, nicht immer das alte Gejammere! Also Licht ins Ange- staubte bringe. Ich wollte künftig eigene Wege gehen: Schafe, die immer im Freien sind, Lämmer, die min- destens ein Jahr bei ihren Müttern bleiben. Ich wusste als Tierärztin viele Dinge besser, habe nach Gründung des Landgasthofes alle Tiere und die Wolle selbst ver- marktet. Meine Schafe mussten nicht ständig Lämmer bekommen. Heute würde ich eine „vegane“ Schafherde halten, die nur die eigene Nachzucht produziert. Schafe als reine Landschaftspfleger! ■ SVV info@landgut-untere-muehle.de