8 Welchen vorteil hat dann ver trauen? JM: Als Volkswirt kann ich dazu sagen: Vertrauen senkt in erster Linie Kontrollkosten. Wenn ein Unternehmer seinen Mitarbeitern nicht vertraut, muss er jeden Hand- griff, den sie ausführen, kontrollie- ren. Das kostet ungeheuer viel Zeit, Kraft und Energie – und demotiviert obendrein die Mitarbeiter. Deshalb bleibt uns in der Geschäftswelt nichts anders übrig, als zu vertrau- en. Außerdem wächst Vertrauen mit der Zeit. Das ist dann auch noch gut für die Mitarbeiterbindung. „Ich vertraue deiner entscheidung“, heißt in einigen fällen übersetzt „ich trau dir zu, dass du weißt, was ich als entscheidung will, ohne dass ich es ausspreche“. Gibt es einen unterschied zwischen ‚trau en‘ und ‚zutrauen‘? JM: Wenn ich Vertrauen schenke, dann geschieht das in der Annahme, dass mein Gegenüber im Wohlwol- len, also auch in meinem Interesse handelt. Zutrauen hingegen zielt auf die Kompetenz. Auch hier steckt Vertrauen – auf die Kompetenz des anderen – drin. In beiden Fällen bleibt natürlich ein Restrisiko. Im vollen Vertrauen oder Zutrauen zu handeln, übersieht dies aber be- wusst und gibt damit die Kontrolle ab. Kurzum: Ich lasse mich auf alle möglichen Konsequenzen ein. Auf Ihrer plattform „karrierebibel“ beraten, informieren und coachen sie menschen auf einem sehr per sönlichen Weg, nämlich bei der Jobsuche oder beim Aufwärts auf der karriereleiter. Wie schaffen sie es, dass die menschen Ihnen vertrauen? JM: Durch Authentizität, durch Reputation und Referenzen, durch Plausibilität – und letztlich durch Erfahrung. Es gibt uns jetzt seit zwölf Jahren. Wir haben durch- schnittlich zwischen vier und fünf Millionen Leser. Jeden Monat. Und alle kommen wieder, hinterlassen positive Kommentare, Leserbriefe, Feedback. Man kennt uns, spricht über uns und mit uns. Die Leser und Zuschauer sehen und erleben selbst, dass Sie unseren Empfehlun- gen, Anregungen und Versprechen glauben können. All das schafft Jochen mAI, Jahrgang 1968, leitete mehr als zehn Jahre das ressort „Management + Erfolg“ bei der WirtschaftsWoche und fungierte danach einige Jahre als Social Media Manager in der Wirtschaft. Bekannt wurde Mai vor allem als gründer und Herausgeber der Karrierebibel. Heute ist er Dozent an der tech- nischen Hochschule Köln sowie Spezialist für Social Media Marketing, Content Strategien und Corporate Blogs. als Keynote-Speaker spricht er regelmäßig auf fachmessen und Kongressen sowie firmenevents. Die karrierebibel.de ist eines der relevantesten Job- und Bewerbungsportale im deutschsprachigen raum. Sie erreicht jeden Monat rund 4 Millionen leser (Durchschnittswert). Darunter azubis, Studen- ten, absolventen, Berufseinsteiger sowie fach- und führungskräfte. Vertrauen – und eine starke Marke. Und Markenbildung ist Vertrauens- bildung. So etwas geschieht natür- lich nicht über Nacht, sondern ist ein langer Prozess. Dauert es auch genauso lange vertrauen zu verspielen? JM: (lacht) Leider nein. Vertrauen zu gewinnen dauert wesentlich länger als es zu verspielen. Was man über Jahre aufgebaut hat, kann man in wenigen Stunden oder Tagen ver- lieren. Als sie seinerzeit vom festen Ar beitsverhältnis in die selbststän digkeit wechselten und sich ganz dem bloggen widmeten, machten sie auch eine leidenschaft zum broterwerb. sie haben mal be schrieben, dass sie sich die ent scheidung nicht leicht gemacht haben und dabei auch in Gottver trauen handelten. Wie lässt sich Glaube in einer zeit der schnellen Daten und fakten leben? JM: Warum sollte das ein Wider- spruch sein? Die Welt war und ist in ständigem Wandel. Gott dagegen bleibt die einzig verlässliche Kons- tante. Gut so! So kann man besser navigieren und sich orientieren. Als überzeugter Christ vertraue ich Gott bedingungslos. Glaube heißt für mich, diese Beziehung im Ver- trauen zu leben – auch dann, wenn die Dinge mal nicht so laufen, wie ich mir das wünsche. Dazu gibt es ein schönes Bonmot von Augustinus: „Gott erhört dich vielleicht nicht nach deinem Willen, aber zu deinem Heil.“ Darauf vertraue ich nicht nur, das ist auch meine Erfahrung. ■